Seit knapp einem halben Jahr herrscht Krieg in Europa und die russische Invasion bringt unermessliches Leid für die Menschen in der Ukraine. Und jetzt droht auch noch ein Konflikt mit China.
Die freie und demokratische Welt hat auf diesen gefährlichen Bruch des Völkerrechts durch Russland mit erstaunlicher Einigkeit und Konsequenz reagiert und eine Reihe von wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland verhängt. Natürlich schaden diese Sanktionen auch uns. Viele Rohstoffe wurden deutlich teurer und das Gas aus Russland fließt nur noch sporadisch und spärlich. Die durch die Corona-Pandemie eh schon angeschlagenen Lieferketten sind durch den Krieg noch einmal zusätzlich belastet. Nahrungsmittelpreise steigen zum Teil dramatisch, da die Ukraine als großer Exporteur von Agrarprodukten weitgehend ausgefallen ist. Das alles spüren wir als Verbraucher beim täglichen Einkauf.
Deutschland ist aufgrund seiner hohen Abhängigkeit von russischen Energieimporten im besonderen Maße von dieser Entwicklung betroffen. Hier rächt sich die naive Politik der letzten Jahrzehnte.
Wir alle wissen, dass der kommende Winter schwierig werden kann. Auf jeden Fall wird er teuer, denn die Preise für Heizenergie sind geradezu explodiert. Das macht Angst und führt zu Vorsicht auf Seiten der Verbraucher und der Wirtschaft. Konsumausgaben werden zurückgefahren und geplante Investitionen erst einmal verschoben. Kein Wunder, das die Zahlen des Einzelhandels in Deutschland in den Keller rauschen. Nach den entbehrungsreichen Zeiten der Corona-Lockdowns (über deren Sinnhaftigkeit man sicher trefflich streiten kann), steht der Konsum vor der nächsten großen Krise.
Richtig ist, dass wir alle ärmer werden. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges und die zum Teil damit verbundenen hohen Inflationsraten treffen alle. Und ja, die Teuerungsraten treffen Menschen mit kleinerem Geldbeutel sicher in besonderem Maße und es gibt auch wenige „Krisen-gewinnler“, wie in jeder Krise. Eine gesunde Portion Vorsicht ist in dieser Situation sicher angemessen, aber es fällt schon auf, dass die sprichwörtliche „German Angst“ bei uns in besonderer Ausprägung vorhanden ist.
Selbstverständlich sollte eine verantwortungsbewusste Bundesregierung die Bevölkerung rechtzeitig und möglichst sachgerecht auf die Herausforderungen vorbereiten, doch ist der Grad zur „Panikmache“ durch nahezu tägliche und oft diffuse Katastrophenmeldungen aus meiner Sicht eher schmal. Schon Ludwig Erhard wusste, dass Wirtschaft zu 50 % Psychologie ist. Auch wenn Russland den Gashahn komplett abdreht, werden wir mit an hoher Wahrscheinlichkeit keinen kompletten Zusammenbruch der Wirtschaft erleben. Es wird in Teilbereichen zu massiven Problemen kommen, aber eine Apokalypse wird das sicher nicht.
Daher sollten wir bei aller gebotenen Vorsicht nicht in Schockstarre verfallen und darauf vertrauen, das marktwirtschaftliche Systeme eine erstaunliche Anpassungsfähigkeit an veränderte Rahmenbedingungen haben. Und vielleicht sollte in der Bundesregierung mal wieder im Archiv nach Schriften von Ludwig Erhard geschaut werden.
Keinesfalls sollten wir auf diejenigen hören, die ein Ende der Sanktionen mit dem Argument fordern, das uns diese Sanktionen Schaden zufügen würden. Natürlich, die Sanktionen schaden auch uns und sind im Detail sicher kritisch zu hinterfragen. Aber: Sanktionen sind ein politisches und erst in zweiter Linie ein wirtschaftliches Instrument. Mein Mitleid mit Portfoliomanagern, die jetzt auf unveräußerlichen Wertpapierpositionen aus Russland sitzen, hält sich in Grenzen, denn wer in Anlagen aus totalitären Staaten wie Russland und China investiert, weiß hoffentlich um das Risiko, das damit verbunden ist.