Hochkonjunktur für Crash-Propheten

Es sieht derzeit nicht nur an den Börsen alles andere als gut aus! Der deutsche Aktienindex DAX hat eine deutliche Korrektur von gut 1.000 Indexpunkten hinnehmen müssen, für die es viele nachvollziehbare Gründe gibt. Mit Erschrecken stellen wir fest, dass der US-amerikanische Präsident nicht nur „twittert“, sondern doch tatsächlich das umsetzt, was er angedroht hat. Ein veritabler, globaler Handelskrieg scheint kaum noch abwendbar.

Die weltweiten Konsequenzen wären verheerend. Konnten wir noch vor wenigen Monaten von einer Fortsetzung des dynamischen Wachstums in nahezu der gesamten Welt ausgehen, bestimmen nun Warnungen vor einer globalen Rezession das Bild. Entsprechend positiv entwickelten sich die Kurse der vermeintlich sicheren Häfen, wie etwa der deutschen Bundesanleihen. Einzig die Kursentwicklung des Goldes passt hier nicht so richtig in das Bild.

Gute Gründe für eine sehr vorsichtige oder vielleicht sogar eher pessimistische Haltung gibt es zur Genüge

Neben dem derzeit alles beherrschenden Thema „Handelskrieg“ drückt die ausufernde Verschuldung von Staaten und Unternehmen auf die Stimmung. So ächzen vornehmlich staatliche chinesische Konzerne unter einer bedrohlich hohen Verschuldungsquote. Gleichzeitig nimmt die Kreditqualität am US-amerikanischen Corporate-Bond Markt weiter bedenklich ab. Hinzu kommen mehr und mehr Probleme in den sogenannten Emerging-Markets. Ungemach für Investoren braut sich nicht nur in der Türkei oder in einigen Staaten Südamerikas zusammen.

Und Europa?

Nach dem Wahlsieg von Emanuel Macron in Frankreich machte sich zunächst Optimismus breit. Dem Vormarsch populistischer Strömungen in Europa schien Einhalt geboten, doch spätestens mit dem Sieg der Lega Nord und der 5-Sterne Bewegung in Italien kommt neue Unruhe auf. Wieder einmal steht die Zukunft der Eurozone in Frage. Schon im Herbst könnte mit dem Budget der neuen Regierung in Rom neue Unruhe entstehen.

Und auch der sonst so stabile Anker Deutschland bietet allerlei Grund zur Sorge: Nicht nur, dass die deutsche Fußballnationalelf verdient bereits in der Vorrunde der WM als Gruppenletzter nach Hause geschickt wurde – auch der Bundesregierung droht das vorzeitige Aus. Last – but not least- steht uns womöglich ein gänzlich ungeordneter Brexit ins Haus, der weitere Probleme in größerer Dimension bereithält.

Behalten die Crash-Propheten Recht?

All das scheint eine fast perfekte Welt für Pessimisten und Crash-Propheten zu sein, die sich nun wieder munter zu Wort melden. Ihre Argumente sind vielfach nachvollziehbar und fallen gerade bei uns in Deutschland traditionell auf sehr fruchtbaren Boden. Dennoch sollten wir mit Extrem-Szenarien vorsichtig sein. In puncto Handelskrieg kann es durchaus auch einmal positive Überraschungen geben. Wer hätte zum Beispiel noch vor wenigen Wochen daran geglaubt, dass ein Gespräch von Herrn Trump mit dem „rocket-man“ aus Nordkorea überhaupt jemals stattfinden würde. Erste zaghafte Avancen der US-Regierung in Sachen Autozölle machen mir Hoffnung, dass es nicht zum Äußersten kommen muss. Man darf also auch mal optimistisch sein.

Und auch die neue Führung in Italien sendet derzeit etwas gemäßigtere Signale in Bezug auf ihre Haushaltspläne in Richtung der Kapitalmärkte. Man scheint hier entdeckt zu haben, das Italiens Schulden vor allem bei Italienern und italienischen Banken selbst in den Büchern stehen. Die umfangreichen Wahlversprechen dürften daher nur sehr dosiert umgesetzt werden.

Natürlich birgt das Problem der hohen Verschuldung weltweit ein großes Risikopotential, doch gerade mit dem Blick auf die chinesischen Probleme sei daran erinnert, dass China noch weit von einer marktwirtschaftlichen Struktur entfernt ist. Noch hat die KP in China die Mittel, die strukturellen Defizite unter Kontrolle zu behalten. Schon jetzt sehen wir eine Lockerung der Kreditbedingungen, um den Auswirkungen des Handelskonfliktes mit den USA zu begegnen.

Vergessen wir nicht: In den USA läuft die Konjunktur derzeit sehr ordentlich, und die Gewinne der US-Unternehmen erreichen neue Bestmarken. In Europa wachsen die Bäume sicher nicht in den Himmel, und eine Reihe von Konjunkturindikatoren deutet auf zukünftig schwächeres Wachstum. Aber Europa befindet sich immer noch in der Phase der wirtschaftlichen Erholung nach der scharfen Eurokrise in Südeuropa.

Verfallen wir also nicht in Extremszenarien!

Ja, ein globaler Handelskrieg stellt mit Sicherheit ein enormes Gefahrenpotential dar und darf in seiner Wirkung nicht unterschätzt werden. Aber noch sind wir nicht so weit. Und vergessen wir bitte nicht, das eine äußere „Bedrohung“ Europas, wie sie die Politik von Donald Trump darstellt, das Potential in sich trägt, dass Europa trotz aller Bedenken wieder etwas enger zusammenrückt.

Die deutliche Korrektur an den Aktienmärkten, speziell im exportorientierten Deutschland, ist zwar gut nachvollziehbar. Sie enthält aber auch schon einen guten Teil des „Worst-Case-Szenarios“ eines deutlich verschärften Handelskonflikts mit den USA und einer nachhaltig schwierigeren Situation in Italien. Sollte es hier, wie wir erwarten, zu Tendenzen der Entspannung kommen, eröffnen sich auch wieder neue Chancen an den Börsen.

Sicher bekommen die Crash-Propheten irgendwann einmal Recht, aber aus unserer Sicht ist es noch lange nicht so weit!